Digitale Kreditprozesse – es geht deutlich mehr als erwartet

Pandemie = Digitalisierungstreiber

Wie auch in anderen Branchen, beschleunigte der Einzug der Pandemie im Frühjahr 2020 auch im Banken- und Sparkassenumfeld den Digitalisierungsmotor enorm. Die Einreichung von Unterlagen auf digitalem Weg ist plötzlich für viele Kunden zum Standard geworden. 

Mit diesem Thema waren die Sparkassen anfänglich überfordert, da viele Institute prozessual darauf nicht eingerichtet waren. Diverse Fragen dazu bewegen die Sparkassen immer noch:

  • „Über welche Medien dürfen wir Dokumente vom Kunden annehmen?“
  • „Können wir dem Kunden einen sicheren Einreichungsweg zur Verfügung stellen?“
  • „Wie gehen wir mit der Authentizitätsprüfung um und muss der Kunde bestimmte Unterlagen (z.B. Jahresabschlüsse) dennoch unterschreiben?“
  • „Wie sollen die Dokumente in der Sparkasse weiterverarbeitet werden?“

Sparkassen stehen also vor der Herausforderung, wie sie ihre Kreditprozesse digitaler und ohne (viele) Medienbrüche gestalten können – initiiert oftmals von digital eingegangenen Unterlagen. Meist übermittelt der Kunde eigeninitiativ die Unterlagen digital – ohne von den Sparkassen dazu explizit aufgefordert zu werden. Dahingehend sind Kunden den Sparkassen oftmals weit voraus.

Digitale Unterlagen-Hereinnahme vom Kunden ist zu kurzgefasst

Die von Kunden unmittelbar eingereichten Unterlagen machen sicherlich einen erheblichen Anteil am gesamten Dokumentenaufkommen aus.

Hierbei stehen den Sparkassen diverse Tools zur digitalen Verarbeitung der Dokumente zur Verfügung – sowohl innerhalb von OSPlus als auch außerhalb (Stichwort: Credo oder KPM).

In diesem Zusammenhang muss auch die neue Dokumenten-Upload-Funktion (Abkürzung: DUO) der FinanzInformatik genannt werden, die in sämtliche Neo-Kredit-Workflows bereits integriert ist.

Um Kreditprozesse aber komplett digital bzw. möglichst papierfrei zu gestalten, bedarf es aus unserer Sicht weiterer Überlegungen. So werden im Zuge der Kreditprozesse sparkassenintern eine Vielzahl von Dokumenten produziert, die es gilt, in einen digitalen Status zu überführen oder aber erst gar nicht entstehen zu lassen. Denken Sie dabei an Bearbeitungsformulare, Checklisten, Kreditkontrollbögen, Auswertungsformulare, Sonderkonditionsgenehmigungen, Valutierungsaufträge, Immobiliengutachten und Aktennotizen – aber auch an Kredit- und Sicherheitenverträge. Auch Schriftverkehr an Kunden und andere Kreditinstitute darf an dieser Stelle nicht vergessen werden.

In einem ersten Schritt empfehlen wir die grundsätzliche Notwendigkeit von Unterschriften zu prüfen (z.B. auf Bearbeitungsformularen). Dies sollte auch für Kredit- und Sicherheitenverträge gelten. Hier sollte unter Abwägung der daraus eventuell resultierenden Risiken der Verzicht auf die Unterschrift nur in Ausnahmefällen (z.B. gewerbliche Kontokorrentkredit-Verträge) in Erwägung gezogen werden. Gleichermaßen könnte die Notwendigkeit einer haptischen Unterschrift aber durch eine digitale Unterschrift (Stichwort: eSign) ersetzt werden.

Es existieren auch bereits einige FI-Workarounds, die eine digitale Kenntnisnahme bzw. Beauftragung möglich machen. So können Kreditbeschlüsse, aber auch LORA-Gutachten, bereits elektronisch genehmigt bzw. gezeichnet werden. Vor allem die Beschlussgenehmigung wird bereits von vielen Sparkassen angewendet.

Bisherige, hausinterne Beauftragungen oder ein ausschließlicher Informationstransfer in Papierform sollte durch Serviceaufträge abgelöst werden. Diese werden zunehmend auch im Aktivgeschäft bei den Sparkassen eingesetzt.

Der gesamte Schriftverkehr kann über den Einsatz des „Individuellen Schriftverkehrs“ direkt (d.h. ohne Ausdruck) ins OSPlus Archiv verschoben werden – die Versandversion muss natürlich weiterhin ausgedruckt werden. Die FinanzInformatik bietet zum Teil auch den Versand an den Kunden an – beispielsweise bei den Anforderungsbriefen in der laufenden Offenlegung.

Darüber hinaus werden heute in vielen Häusern noch vollstreckbare Grundschuldausfertigungen oder die Zulassungsbescheinigung Teil II im Zuge einer Sicherungsübereignung angefordert. Eine Umstellung auf eine einfache Ausfertigung (bei allerdings unveränderter, vollstreckbarer Grundbuch-Eintragung) oder der Verzicht auf die Einreichung der Zulassungsbescheinigung reduziert den Verwaltungsaufwand in der Sparkasse deutlich – ohne Abstriche in der Sicherheitenstellung hinnehmen zu müssen. Zusätzlich ersparen Sie dem Kunden bei der einfachen Ausfertigung Notargebühren.

Eine elektronische Kreditaktenführung ist für all die genannten Prozessverbesserungen eine unabdingbare Grundvoraussetzung, da anderweitig bilaterale Prozesse (mit und ohne eKreditakte) daraus resultieren würden, was nicht effizient wäre.

Welche Unterstützungsmöglichkeiten das Input-Management für den Kreditprozess noch bringt, bleibt abzuwarten. Mittelfristig werden sich auch hier Optionen eröffnen.

Anzumerken ist bei all diesen Themen, dass es neben den technisch-prozessualen Umstellungen auch einer grundlegenden kulturellen Veränderung bedarf. Sei es, auf eine Unterschrift zu verzichten, oder aber sich von tradierten Bearbeitungsprozessen zu verabschieden. Dieser Aspekt wird leider oft unterschätzt und führt in der Folge nicht zu den gewünschten Einspareffekten.

Zusammenfassend lässt sich durchaus behaupten, dass sich die technischen Voraussetzungen zur digitalen Kreditprozessgestaltung in den letzten zwei Jahren enorm nach vorne entwickelt haben. Das Ende der Fahnenstange ist hier allerdings noch längst nicht erreicht.

Komplexität von Kreditprozessen erfordert eine fundiertes Prozessdesign

Die hohe Quote an bereits digital eingehenden Unterlagen – in Verbindung mit den zunehmenden technischen Tools – veranlasst aktuell viele Sparkassen, über ihre Gestaltung der Kreditprozesse nachzudenken.

Der Kreditprozess in seiner Grundkomplexität bringt im Gegensatz zu anderen Geschäftsbereichen weitere Herausforderungen mit sich. Die Wesentlichen sind aus unserer Sicht folgende:

  • Unterschriftsleistung noch bei einer Vielzahl der Prozesse aus juristischen Gründen in Papierform notwendig
  • Aufbewahrung von Unterlagen im Original noch erforderlich (vor allem Kreditverträge und Urkunden wie Grundschuldurkunden etc.)
  • Anschaffung einer Software zum Inhouse-Übergabeprozess der Unterlagen mit dem Ziel eines jederzeitigen Zugriffs aller Prozessbeteiligten
  • Kompetenzaufbau bei den Mitarbeitern im Umgang mit digitalen Medien: kultureller Change-Prozess

Nichtsdestotrotz sollte man aus Sicht der Sparkassen Consulting die (möglichst) digitale Gestaltung der Kreditprozesse zeitnah angehen. Es lassen sich dadurch erhebliche Effizienzpotenziale sowie die Umsetzung neuer Arbeitswelten (Stichwort: Mobiles Arbeiten) realisieren. Wir erachten es als wichtig, die Prozesse möglichst schnittstellenfrei zu gestalten, um Dokumente nicht immer wieder von einem Server oder Programm zum nächsten manuell kopieren zu müssen. Jede Schnittstelle kostet Zeit und birgt Fehlerquellen. In der aktuellen IT-Landschaft gibt es das EINE allübergreifende Tool leider noch nicht – die eine oder andere systemtechnische Schnittstelle existiert aber schon

FAZIT: Möglichkeiten bereits sehr umfangreich vorhanden – nutzen Sie die Chancen

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