Elektronische Kreditakte – das Fundament für digitale Kreditprozesse
Die Corona-Pandemie hat bei den Banken und auch Sparkassen eine enorme Nachfrage nach der elektronischen Kreditakte ausgelöst. Noch nie war die Anzahl an Sparkassen so hoch, die sich für das Thema interessieren und es auch tatsächlich umsetzen. Die Gründe liegen auf der Hand – meist sehen die Sparkassen mit der elektronischen Kreditakte den Weg zum Home-Office geebnet.
Reicht das ausschließliche Digitalisieren der Kreditakte aus, um vollumfänglich ortsunabhängig (wie beispielsweise im Home-Office) zu arbeiten? Die Antwort ist: grundsätzlich ja, aber nicht zwangsweise für jeden Prozessbeteiligten.
Oftmals herrscht bei den Sparkassen die Meinung, die Digitalisierung der bestehenden Kreditakten wäre der Schlüssel, um papierlos und ortsungebunden zu arbeiten. Hierbei gilt es zu bedenken, dass die Bearbeitung der Kreditvorgänge primär nicht an den bereits vorhandenen, sondern an den neuen vom Kunden zur Verfügung gestellten Unterlagen hängt. Es ist aus diesem Grund wichtig, sich im Zuge der Einführung der elektronischen Kreditakte Gedanken zu machen, wie die Kreditprozesse nach Einführung gestaltet werden. Im Detail geht es darum, in welcher Form das Dokumenten-Management betrieben wird.
Der entscheidende Faktor für digitales Arbeiten ist das frühe Digitalisieren der eingereichten Dokumente – man spricht hier vom sogenannten Early-Scanning. Viele Sparkassen, die bereits eine elektronische Kreditakte eingeführt haben, scannen ihre Unterlagen in der Regel noch relativ spät im Kreditprozess. Meist erfolgt dies erst nach Vertragsunterschrift oder sogar erst nach Valutierung. Diese Vorgehensweise ist für die nächsten Jahre vor dem Hintergrund der oben genannten Herausforderungen nicht zukunftsweisend.
Wie lässt sich ein Early-Scanning sinnvollerweise gestalten?
Optimalerweise sollten die Unterlagen bereits im Vertriebsprozess in digitaler Form beim Kunden angefordert werden. Es gibt hierzu auch bereits Software am Markt, die den Kundenberater beim Anforderungsprozess unterstützt und sich auch sehr kundenfreundlich darstellt.
Vermutlich wird es nicht bei jedem Kunden möglich sein, die Unterlagen digital eingereicht zu bekommen, wenngleich die Bereitschaft der Kunden dazu in den letzten Jahren massiv zugenommen hat. Sollten die Unterlagen weiterhin papierhaft in der Sparkasse eingehen, müssten diese bereits zum Zeitpunkt des Eingangs in der Sparkasse digitalisiert werden. Da eine Insellösung für den Kreditbereich singulär schwer umsetzbar ist, sollte man bei der Verfolgung dieses Gedankens über eine hausweite Posteingangslösung der Sparkasse nachdenken. Hierbei könnte die von der Finanzinformatik avisierte Digitale Posteingangsbearbeitung (DDEV) eine hilfreiche Unterstützung sein.
Alternativ wäre auch denkbar, die Unterlagen dort zu digitalisieren, wo sie in der Sparkasse eingehen – also beim Kundenberater oder aber auch in der Marktfolge (Notarpost o.ä.).
Unabhängig vom Zeitpunkt und dem Aufgabenträger stellt sich die Frage, in welcher Form die digitalen Dokumente hausintern an die weiteren Prozessbeteiligten weitergeleitet und am Ende im Zentralen Datenarchiv der Finanzinformatik – möglichst ohne Medienbruch – abgelegt werden.
Darüber werden im Prozessverlauf auch Dokumente produziert, wie beispielsweise der Kreditbeschluss, das Immobilien-Gutachten und weitere Bearbeitungsformulare, bei denen nicht die Maßgabe sein sollte, diese nur zum Zwecke einer oder mehrerer Unterschriftsleistungen auszudrucken – zumal die Dokumente ja bereits digital erstellt werden.
Die Herausforderung
Sie können daran erkennen, dass die Digitalisierung der Bestandsakten nicht die einzige Herausforderung im Gesamtkomplex darstellt und eine Vielzahl weiterer Themenfelder auf dem Weg zu einem digitalen Kreditbearbeitungsprozess überarbeitungsbedürftig sind.
Aktuell werden auf dem Markt bereits IT-Lösungen angeboten, die einen der dargestellten Teilprozesse unterstützen (z.B. Fimmotion von Sparkassen Finanzportal oder Credo der Firma Guidecom), leider aber existiert im Sparkassenumfeld noch keine Komplett-IT-Lösung. Hier bleibt abzuwarten, welche Lösungen in nächster Zeit aufgelegt werden. Eine komplett autarke Lösung außerhalb des IT-Umfelds der Finanzinformatik sollte aus unserer Sicht vermieden werden, zumal dies mit der IT-Strategie vieler Häuser nicht konform geht und am Ende die Unterlagen im Archiv der Finanzinformatik abgelegt werden müssen. Eine anderweitige Dokumentenarchivierung – außerhalb von OSPlus – ist aus unserer Sicht nicht zweckmäßig.
Zudem stellen wir immer wieder fest, dass derartige Überlegungen für viele Häuser nahezu revolutionäre Umbrüche darstellen und das papierlose Büro bei einer Vielzahl von Sparkassen-Mitarbeitern noch nicht vorstellbar ist. Hier steht vielen Sparkassen sicherlich auch eine kulturelle Veränderung ins Haus.
Nichtsdestotrotz betrachten wir digitale Kreditprozesse für die Sparkassen in den nächsten Jahren als unverzichtbar. Die Geschwindigkeit wurde in diesem Thema durch die Pandemie – nebenbei bemerkt auch aus der Sicht vieler Kunden – sicherlich nochmals beschleunigt.
Unsere Erfahrung
Die Sparkassen Consulting durfte in den vergangenen Jahren in mehr als 30 Sparkassen in Einführungsprojekten zur elektronischen Kreditakte unterstützen. Hierbei haben wir sehr umfangreiche Erfahrungen gesammelt: sowohl auf technischer als auch prozessualer Ebene.
Wenn wir Ihr Interesse geweckt haben, freuen wir uns über einen Austausch und Ihre Fragen zu diesem Thema. Gerne stellen wir auch den Kontakt zu Sparkassen her, die wir bereits begleiten durften.